„Stefan Hakans ist kalt und berechnend“, erklärte mir Puustinen als wir uns an diesem Abend in einem italienischen Restaurant zum Essen trafen. Eigentlich wollte ich bei Puustinen mehr über Seppo Seiranen erfahren, irgendwie kam das Gespräch auf den Präsidenten des FC Inter Turku und Großindustriellen, Stefan Hakans.
„Irgendwie“ ist vielleicht etwas falsch formuliert. Es war kein Zufall, dass wir über Hakans redeten. Puustinen hatte mir eröffnet, dass ich mich auch mit Stefan Hakans beschäftigen müsse um Seiranens Arbeit bei TPS zu verstehen.
Alle drei waren zusammen zur Schule gegangen, Seiranen, Puustinen und Hakans. Seiranen und Puustinen waren und blieben befreundet. Hakans, dessen Familie einige Sägewerke besaß wurde von den beiden wenig geschätzt. Die Abneigung schlug in Verachtung um, als Hakans 1990 beschloss den FC Inter Turku aus dem Boden zu stampfen.
„Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre ging es TPS schlecht, sehr schlecht. Nach den Erfolgen der siebziger Jahre war man hoch geflogen und noch tiefer gefallen. Finanziell lag der Verein in Trümmern und auch das treue Publikum hatte sich zunehmend von der Mannschaft abgewandt. Dann wurde Seppo Präsident“, erklärte mir Puustinen.
„Als TPS vor 20 Jahren am Boden lag, hat der erfolgreiche Unternehmer Hakans nicht nur den FC Inter gegründet, sondern augenscheinlich generös auch Tepsie unter die Arme gegriffen und dem großen Konkurrenten das finanzielle Überleben gesichert, zu knallharten Konditionen versteht sich. Aber: Ohne Hakans würde es TPS nicht mehr geben, und dieser Stachel sitzt bei Seiranen tief.
Einerseits gründete Hakans seinen eigenen Club, den er mit umfangreicher finanzieller Unterstützung schnell in die Veikkausliiga brachte, andererseits hielt er Tepsi am Leben. Tepsie sollte als Sparringspartner dienen und ein wenig Folklore liefern, bis Inter sich in der finnischen Fußballwelt etabliert hatte.
Als Seppo vor 19 Jahren die Präsidentschaft bei TPS übernahm hat er einen strengen Konsolidierungskurs betrieben. Es gelang ihm TPS finanziell wieder auf die Beine zu bringen, ohne dass der Verein große sportliche Erfolge erreichen konnte, nur durch einen effizienten Sparkurs.
So konnte unter Seppo Seiranens Leitung ein Großteil der Schulden gegenüber Hakans abgebaut werden. Eine Sache konnte er jedoch nicht ausräumen…“
„Was denn?“ Flüsterte ich gespannt. Ich war fasziniert von der Geschichte Puustinens.
„Die Stadionmiete. TPS zahlt 50% der Einnahmen an Hakans, das wissen Sie doch. Hakans lacht sich wahrscheinlich immer noch kaputt. Inter lockt weit weniger Zuschauer an als Tepsie, aber Hakans profitiert doppelt. Nur gab es damals keine andere Möglichkeit. Das alte TPS Stadion war baufällig und zuletzt durften dort gar keine Partien mehr ausgetragen werden. TPS hatte Fans, viel mehr als Inter, aber Tepsie hatte weder Geld, noch ein Stadion.
Es muss ein Alptraum für Seiranen gewesen sein bei Hakans Mitte der Neunziger um eine Stadionpartnerschaft zu bitten. Für Hakans, den alten Blutsauger war die Sache natürlich ein gefundenes Fressen.“
Mir begannen die ersten Lichter aufzugehen und auch Seiranens Knauserigkeit erschien mir in einem anderen Licht. Aber musste ich den als Trainer unter solch einer alten Rivalität leiden, indem mir wichtige Transfers verwehrt blieben?
„Der Vertrag zwischen TPS und Hakans über die Nutzung des Veritas Stadions verlängert sich alle fünf Jahre“, setzte Puustinen das Gespräch fort. „In zwei Jahren ist es wieder soweit. Wenn Seppo ihnen erklärt, dass er finanzielle Rücklagen schafft um die Infrastruktur auszubauen, dann geht es um ein eigenes Stadion. Es ging ihm immer um ein eigenes Stadion, das ist es was ihn treibt bei TPS. Natürlich liebt er die Stadt und den Verein, aber er will die Unabhängigkeit von Hakans. Es ist wie ein Spiel. Diese alte Rivalität zwischen den beiden währt nun schon Dekaden und sie Kennedy haben Seppo in eine Position gebracht von der er wahrscheinlich nicht mal zu träumen gewagt hat.
Die Zuschauerzahlen sind konstant hoch, TPS erfreut sich in Finnland größter Beliebtheit und findet auch International erste Beachtung. Die Schulden sind abgebaut, das Festgeldkonto platzt aus allen Nähten und der Wert des Kaders ist enorm.“
„Was glauben sie, was passieren wird?“ fragte ich.
„Wenn sie erfolgreich bleiben und noch etwas Geld in die Kasse spülen, wird Seppo anfangen in dieser oder spätestens der nächsten Sommerpause die Spieler mit dem höchsten Marktwert zu transferieren. So wie ich es verfolgen konnte gab es bereits erste Sondierungsgespräche zwischen Seppo und der Stadt Turku. Wenn er sicher ist, dass TPS seinen Anteil stemmen kann, wird er in zwei Jahren zu Hakans gehen und ihm den Vertrag auf den Tisch knallen – in Einzelteilen versteht sich. Kein Titel wird diese Genugtuung aufwiegen können.“
Viele Gedanken schwirrten nach diesem Gespräch in meinem Kopf herum.
Wollte ich so arbeiten? Wollte ich damit leben, dass mein mühsam aufgebauter Kader vielleicht bald nicht mehr wiedererkennbar war? Wie sah den nun wirklich die langfristige Perspektive für mich bei TPS aus?