Also ich habe lieber 100 friedliche Familien im Stadion, die auch Fangesänge anstimmen, als eine aggressive Ultraszene, die durch Pyrotechnik und kostspielige Choreografien auffällt, aber andere Fangruppen wegdrängt. Bevor ich mich für eine Doppelmoral des Wasser-Predigen-Wein-Trinken entscheiden muss, nehme ich zur Not das schlechtere, aber ehrlichere Faktum des Wein-Wein-Falls. Wasser-Wasser ist heute einfach nur noch unrealistisch und heuchlerisch. Natürlich wollen sich viele, die schon lange dabei sind, das nicht gefallen lassen. Aber die Welt hat sich gewandelt und auch wenn Vereine aus reinen Werbezwecken gegründet und unterstützt werden, macht das den Verein, nach dem eine Region gelechzt hat, keinen Deut schlechter als einen Traditionsverein, der beispielsweise seit Jahren nur noch mit Steuergeldern über Wasser gehalten wird (um mal beide Extreme zu vergleichen).
Ich bin froh, dass man sich langsam damit abfindet, dass es einen Wandel im Traditionsdenken gibt. Es wird eben immer deutlicher, dass nahezu jeder Verein im Profisport ein Wirtschaftsunternehmen ist. Nur weil der eine Verein 100 Jahre und der andere nur zehn Jahre alt sind, hebt das ersteren nicht auf eine höhere Stufe. So langsam setzt sich diese Denkweise auch durch, da die alte Fanszeneallmählich, aber stetig durch eine neue (nicht unbedingt bessere) ersetzt wird. Vielleicht kehrt man dann langsam von der rosaroten Traditionsbrille zum Realismus zurück. Wer heute Kind ist, für den ist in zehn Jahren wohl auch Hoffenheim traditionsbehaftet, da sie seit man denken kann in der ersten Liga spielen.